Inhaltsangabe N.F. 8:
Blöder Wohnen - Ins Leere Versprochene Stadtplanung
A. Marks, S. Herold; 130 Seiten; 6,- EUR

Ohne Garten und Hof Häuser

Der Erfindungsreichtum von Architekten und Städtebauern ist Legion. So auch im Fall der Neubrandenburger ‚Gartenhofhäuser’, die realiter Gebäude ohne Hof und Garten sind. Der großartige Bauplan wurde nach der Realisierung eines 1.ten Bauabschnittes schnell fallen gelassen (die Neubrandenburger verstehen eine derart ambitionierte Bauweise nicht …) und mit verwandten Gebäudetypen (Winkelbungalows, Galeriehaus-Kaffeemühlen) weiter gebaut. A. Marks vergleicht die Beispiele im Vorhandenen und beschreibt in sehr anschaulicher Weise all die Restriktionen, die den Entwürfen im (verhinderten) Gebrauch des Aussenhauses folgen. Die Kritik der gebauten ‚Wohnillusionen’ wird mit einer Planung ergänzt, die nicht nur ökonomischer mit dem vorhandenen Bauplätzen verfährt, sondern in Anlehnung an bewährten Beispielen aus Neubrandenburg und Bremen eine alltagstaugliche, aneignungsfähige Organisation von Aussen- und Innenhaus aufzeigt. 

Der Durchgang als Zwang

Wir haben gedacht, das nach vorne, sichtbar in die Fassade gelegte ‚Treppenhaus’ des Geschoßwohnungsbaus sei eine Erfindung der zwanziger Jahre, die mit Zeilen ‚vergesellschaftet’ ihre städtebauliche Bühne betritt. Dem ist mit Nichten so. Auch das vorne liegende Treppenhaus hat seine gründerzeitlichen Vorläufer, wie St. Herold am Beispiel der Kröpeliner-Tor-Vorstadt (KTV) in Rostock zeigt. Das sehr beliebte Szene Viertel hat darüber hinaus weitere heftigste bauliche Restriktionen aufzuweisen, die einmal mehr plausibel machen, warum der gründerzeitliche Geschoßwohnungsbau seiner Zeit so sehr in den Misskredit sozialreformerischer Bestrebungen geraten ist. Und wenn dieser städtebauliche ‚Schrott’ heute wieder hoch im Kurs steht, dann kann erahnt werden, um wie viel bescheidener noch es mit anderen, neueren Quartieren in Rostock bestellt ist. Die Arbeit von St. Herold legt eine sorgfältig aufbereitete Analyse der Bau- und Freiraumstrukturen der Kröpeliner Vorstadt vor, die mit einer Überplanung der vorhandenen Gebäude-/ Wohnungsgrundrisse abgeschlossen wird.

Barrierefreischeinlichkeit

Barrierefreiheit ist das Schlagwort mit dem heute der Verzicht auf jegliche Morphologie in der Organisationen von Freiräumen legitimiert wird. Das klingt auf den ersten, unbedarften Blick vielleicht gut, hat aber verheerernde Folgen zuerst für die Herstellung von Straßen. Die Aufgabe einer morphologischen Differenzierung von Fahr- und Gehweg macht einen gesicherten Gehweg unmöglich – für Fußgänger und z.B. Rollstuhlfahrer nicht weniger. Was über die sog. Verkehrsberuhigung  jahrelang als ‚schöne neue Straßenzukunft’ verkauft wurde, taugt nichts und entsprechend leer ist dieses ideologische Feld gelaufen. Da bietet die ‚Barrierefreiheit’ einen guten Ersatz, um gerade so weiter zu machen als wäre nichts geschehen.
 

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