Ohne Garten und Hof Häuser
Der Erfindungsreichtum von Architekten
und Städtebauern ist Legion. So auch im Fall der Neubrandenburger
‚Gartenhofhäuser’, die realiter Gebäude ohne Hof und Garten sind. Der großartige
Bauplan wurde nach der Realisierung eines 1.ten Bauabschnittes schnell fallen
gelassen (die Neubrandenburger verstehen eine derart ambitionierte Bauweise
nicht …) und mit verwandten Gebäudetypen (Winkelbungalows,
Galeriehaus-Kaffeemühlen) weiter gebaut. A. Marks vergleicht die Beispiele im
Vorhandenen und beschreibt in sehr anschaulicher Weise all die Restriktionen,
die den Entwürfen im (verhinderten) Gebrauch des Aussenhauses folgen. Die Kritik
der gebauten ‚Wohnillusionen’ wird mit einer Planung ergänzt, die nicht nur
ökonomischer mit dem vorhandenen Bauplätzen verfährt, sondern in Anlehnung an
bewährten Beispielen aus Neubrandenburg und Bremen eine alltagstaugliche,
aneignungsfähige Organisation von Aussen- und Innenhaus aufzeigt.
Der Durchgang als Zwang
Wir haben gedacht, das nach vorne,
sichtbar in die Fassade gelegte ‚Treppenhaus’ des Geschoßwohnungsbaus sei eine
Erfindung der zwanziger Jahre, die mit Zeilen ‚vergesellschaftet’ ihre
städtebauliche Bühne betritt. Dem ist mit Nichten so. Auch das vorne liegende
Treppenhaus hat seine gründerzeitlichen Vorläufer, wie St. Herold am Beispiel
der Kröpeliner-Tor-Vorstadt (KTV) in Rostock zeigt. Das sehr beliebte Szene
Viertel hat darüber hinaus weitere heftigste bauliche Restriktionen aufzuweisen,
die einmal mehr plausibel machen, warum der gründerzeitliche Geschoßwohnungsbau
seiner Zeit so sehr in den Misskredit sozialreformerischer Bestrebungen geraten
ist. Und wenn dieser städtebauliche ‚Schrott’ heute wieder hoch im Kurs steht,
dann kann erahnt werden, um wie viel bescheidener noch es mit anderen, neueren
Quartieren in Rostock bestellt ist. Die Arbeit von St. Herold legt eine
sorgfältig aufbereitete Analyse der Bau- und Freiraumstrukturen der Kröpeliner
Vorstadt vor, die mit einer Überplanung der vorhandenen Gebäude-/
Wohnungsgrundrisse abgeschlossen wird.
Barrierefreischeinlichkeit
Barrierefreiheit ist das Schlagwort mit dem
heute der Verzicht auf jegliche Morphologie in der Organisationen von Freiräumen
legitimiert wird. Das klingt auf den ersten, unbedarften Blick vielleicht gut,
hat aber verheerernde Folgen zuerst für die Herstellung von Straßen. Die Aufgabe
einer morphologischen Differenzierung von Fahr- und Gehweg macht einen
gesicherten Gehweg unmöglich – für Fußgänger und z.B. Rollstuhlfahrer nicht
weniger. Was über die sog. Verkehrsberuhigung jahrelang als ‚schöne neue
Straßenzukunft’ verkauft wurde, taugt nichts und entsprechend leer ist dieses
ideologische Feld gelaufen. Da bietet die ‚Barrierefreiheit’ einen guten Ersatz,
um gerade so weiter zu machen als wäre nichts geschehen.